Eine Ehefrau aus Mesopotamien

Mesopotamien - Eine Ehefrau aus Mesopotamien


Die Reine Rasse Israels - Ultranationalismus

Als Abraham hochbetagt war, bestellte er eines Tages seinen ältesten Knecht zu sich und ließ ihn schwören, dafür zu sorgen, dass Abrahams Sohn Isaak keine Kanaaniterin heiraten würde. Der Knecht sollte in Abrahams Heimat ziehen, um dort eine Frau für Isaak zu finden. 
Es kam in der Frühgeschichte Israels nach den Erkenntnissen heutiger Historiker häufig zu Ehen zwischen Kanaanitern und zugewanderten Familien. Genau das war das Problem für den Verfasser des biblischen Textes.

Die biblische Geschichte von der Brautsuche für Isaak ist dem Bestreben der Verfasser des 1. Buches Mose geschuldet, das jüdische Volk von seinen Nachbarvölkern abzugrenzen und abzuheben. Gerade im späteren Exil und inmitten der Vielfalt von Völkern in der Region zwischen Nil und Euphrat hatten sie das Ziel, das jüdische Volk zu erhalten, indem eine Vermischung mit anderen, und natürlich besonders den benachbarten Völkern vermieden wurde.

Dieses Ziel prägte konsequenterweise auch die Abrahamsgeschichten, also die Legenden vom Ursprung dieses Volkes. Der Knecht sollte Isaak nicht mit nach Mesopotamien nehmen, sondern für ihn die richtige Braut aussuchen und zwar aus der Verwandtschaft Abrahams. Jehova würde einen Engel vor dem Knecht hersenden, damit dieser den richtigen Weg finden und die vorgesehene Frau mit nach Hause bringen könnte. Der Knecht schwor, sich genau an diese Weisungen zu halten, erfahren wir im 24. Kapitel des 1. Buches Mose.

Der Knecht wählte zehn Kamele seines Herrn aus und zog mit ihnen und wertvollen Geschenken in die Stadt Harran (nicht Ur) in Nordmesopotamien. So kann es allerdings historisch nicht gewesen sein, betonen die Archäologen Lidar Sapir-Hen und Erez Ben-Yosef von der Universität Tel Aviv, denn in der Zeit, in der die Geschichte zeitlich angesiedelt wird, etwa zwischen 2000 und 1500 v. Chr., waren die Kamele in Kanaan noch gar nicht domestiziert. Das geschah nach Erkenntnissen israelischer Wissenschaftler erst gegen Ende des 10. Jh. v. Chr. Rechung [2]

Solche wissenschaftlich belegten Tatsachen bringen manche "bibeltreuen" Christen in Rage, die fest daran glauben, dass sich alles genau so zugetragen hat, wie es in der Bibel steht. Alle anderen Christen können die Erkenntnisse über die erst spätere Domestizierung der Kamele gelassen aufnehmen, weil sie diesen Bibeltext als eine Glaubensgeschichte lesen, die wir gerade dann verstehen können, wenn wir nicht davon ausgehen, dass der Knecht tatsächlich vor einigen Jahrtausenden mit zehn Kamelen nach Mesopotamien aufgebrochen ist.

Aufgeschrieben wurden die Geschichten von Abraham und seiner Familie erst im letzten Jahrtausend vor Christus, wahrscheinlich im babylonischen Exil oder in nach-exilischer Zeit.

Es fällt in diesen Geschichten über die Frühzeit des jüdischen Volkes auf, dass immer wieder Menschen lange Strecken unterwegs waren: Abraham von Mesopotamien nach Kanaan, der Knecht zurück nach Mesopotamien und anschließend zusammen mit Rebekka nach Kanaan. Rebekkas Sohn Jakob machte sich ebenfalls auf die Reise nach Harran, wo er seine Cousine Rahel traf und sich in sie verliebte. Einige Jahre später zogen sie zurück nach Kanaan. Das waren jeweils Strecken von etwa 800 Kilometern. Die Wander-Geschichten können durchaus so gedeutet werden, dass hier die Erfahrung von Menschen auf dem Weg ins babylonische Exil und zurück durchschimmert.

Siehe Abrahams Aufbruch aus Mesopotamien

[2] Vgl. Christian Weber: Bibel-Autoren erfanden Kamele, in: Süddeutsche Zeitung, 12. 2. 2014.

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